Schuh-Parade

von Svenja Penzel

Svenjas Zeug279 Paar Schuhe kauft sich die durchschnittliche deutsche Frau im Laufe ihres Lebens. Und so zirka 20 Paar hat sie aktuell. Soweit die Statistik. Bei mir habe ich nicht nachgezählt, aber eins weiß ich sicher: Es sind zu viele, die ich nicht mehr anziehe. Das stimmt für die anderen drei Familienmitglieder ebenso. Und das beweist nicht nur unser überquellendes Schuhregal im Flur, sondern auch unser kleiner Lagerraum im Keller, wo man vor lauter kreuz und quer stehenden Schuhen kaum noch an die Getränkekästen kommt. Wie ein Wink des Schicksals bietet da gerade eine Supermarktkette ein praktisches Schuhregal aus Stoff und Stangen zum Selbstaufbau an. Gekauft. Aufgebaut. Und dann doch noch zwei Wochen herumstehen lassen, bis der Leidensdruck groß genug war. Eines schönen warmen Samstags, ich habe gerade auf Zehenspitzen nach einem entfernten Paar Schuhe geangelt, platzt der Knoten. Ich trage sämtliche Schuhe, die sich in unserem Haushalt befinden, nach draußen und stelle sie auf dem Rasen in Reih und Glied auf. Sortiert nach Familienmitgliedern. Was da alles zum Vorschein kommt! Längst zu klein gewordene Kinderschuhe. Stiefeletten mit kaputtem Absatz. Unbequeme und aus der Mode gekommene Herrenschuhe. Fast jeder Schuh hat eine Geschichte zu erzählen. Darunter meine Teva-Sandalen mit ausgefransten Riemen, die schon viele afrikanische Länder gesehen haben. Und die Trekkingschuhe, die seit meiner diesjährigen Uganda-Reise zwei angeschmorte Stellen haben, weil sie zu nah am Feuer trockneten.

Ich bitte meine Familie nach draußen. Jeder soll aus seinem großen Haufen drei machen: Schuhe, die er noch anzieht, Schuhe, die er nicht mehr anzieht, die aber noch okay sind, und kaputte Schuhe. Die Kinder steigen in zu klein gewordene Schuhe und gucken traurig, treffen dann aber rasch ihre Entscheidung. Mein Mann, der sich von so manchen Dingen schlecht trennen kann, braucht etwas länger. Schließlich wandern mehrere Paar Schuhe in die Mülltonne, viele werden in Plastiktüten verpackt zum Weggeben, und übrig bleibt eine überschaubare Zahl noch tragbarer Schuhe auf dem Rasen. Der kleine Lagerraum im Keller entblößt nun, von allen Schuhen befreit, all seine staubigen Regalbretter und lang nicht gewischten Ecken und Winkel. Meine Energie reicht noch, den Staubsauger und Wischlappen zu schwingen, dann lässt meine Motivation spürbar nach.

Doch das Schicksal meint es weiterhin gut mit mir. Draußen ziehen dunkle Wolken auf, und die ersten Tropfen fallen. Jetzt aber zack-zack die Schuhe wieder ins Haus geholt und auf die blankgewischten Kellerregale und ins neue Stoff-Schuhregal verteilt. Liebevoll schaue ich meine Teva-Sandalen und Trekkingschuhe an, die ich nicht hergegeben habe. Und entdecke neben ihnen freie Stellen! Grinsend denke ich, es ist wohl an der Zeit, etwas für die Statistik zu tun und sich mal wieder ein schönes Paar Schuhe zu gönnen.

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