Stille Zeit?

Ein riesiges Geschenk strahlt durch die Nacht. Rot mit gelber Schleife. Die Münchener Allianz Arena hat sich festlich herausgeputzt und sich quasi selbst zum leuchtenden Paket verschnürt. Es ist der Samstagabend vor dem dritten Advent, kurz nach 21 Uhr. Marco, die Kinder und ich sind wieder auf der Autobahn, zurück ins Vogtland. Wir haben müde Füße und uns schwirrt noch ein bisschen der Kopf. Am Nachmittag hat Bayern München Werder Bremen haushoch besiegt – und die halbe Familie Penzel hat es in der Allianz Arena live mitverfolgt. Die andere Hälfte, die weibliche, zieht derweil durch die Münchener Innenstadt. Beziehungsweise wird geschoben. Auf dem festlich geschmückten Marienplatz mischen sich die Klänge von Last Christmas, O du fröhliche, Rudolph, the red-nosed Raindeer und einem Kinderchor. So viele Menschen. Als das Fußballspiel vorbei ist, werden es nochmal mehr. Schließlich spuckt die U6 aus Fröttmaning auch unsere männliche Familienhälfte wieder aus. Etwas zerknittert sehen die beiden aus, sie hatten die letzten 20 Minuten wie Sardinen in der Büchse gesteckt. Zusammen mit den Fans des FC Bayern. Diese beleben den Klangteppich der Münchener Innenstadt jetzt noch zusätzlich mit ihren glühweintrunkenen Fangesängen.
Uns zieht es raus zur Theresienwiese auf das Tollwood Festival, einen alternativen Weihnachtsmarkt mit viel Kunsthandwerk. Und vielen internationalen Speisen. Und vielen Menschen. Und vielen Klängen. Über kurz oder lang sind unsere Sinne überfrachtet und wir machen uns auf den Heimweg.
Mein dritter Advent steht im Zeichen von Pauken und Trompeten. Große Chormusik ist angesagt, Bachs Weihnachtsoratorium steht auf meinem Notenpult. „Ihr müsst lauter singen“, ruft der Dirigent dem Chor zu. Und tatsächlich jauchzen und frohlocken die Chorsänger mit ganzer Kraft, und wir Orchestermusiker geben Gas, bis meine Geigensaiten glühen. Gemeinsam füllen wir die Markneukirchner Nicolaikirche bis zur obersten Empore mit weihnachtlichen Klängen. Auf der ersten Kirchenbank sitzt unser Ministerpräsident und lauscht ganz andächtig. Zu Hause warten derweil noch drei volle Wäschekörbe und zehn Geschenke, die verpackt werden wollen.
Alles hat seine Zeit. Und die Vorweihnachtszeit ist hier bei uns eben nicht nur besinnlich, sondern manchmal auch anstrengend. Aber wie sagte es der Münchner Karl Valentin so schön: „Wenn die stille Zeit vorbei ist, wird es auch wieder ruhiger.“
Svenjas Zeug
- Auf und ab
- Stille Zeit?
- Frisch gebacken
- The Crossing
- Ein Abwasch!
- Eine Frage der Perspektive
- Aufgebrezelt
- Verloren und gewonnen
- Stille
- Drei schwere Nüsse
- Angestachelt
- Erntezeit
- Wir blicken's nicht
- Gruseln im Dreivierteltakt
- Mit eigenen Augen
- Schweinerei
- Schuh-Parade
- Schnappschüsse
- Tatort Sofa
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