Bauch, Beine, Po

von Svenja Penzel

Kool & The Gang wummert durch die Sporthalle. Ich bin umgeben von dynamischen Frauen mittleren Alters und versuche, einigermaßen mitzukommen bei den schnellen Schrittfolgen, nicht durcheinander zu kommen bei der Koordination der Arme und Beine. Die Übungsleiterin gönnt uns keine Pause. „Nicht stehenbleiben!" Mir ist heiß, die anderen waren schlauer und haben Getränke dabei. Mir klebt die Zunge am Gaumen. Aber ich halte tapfer mit. Seit vielen, vielen Jahren bin ich das erste Mal wieder in einer Sporthalle, an den Füßen die alten Turnschuhe von damals, die nicht mehr passen (wieso werden eigentlich die Füße im Laufe des Lebens länger und breiter?). Mein Outfit lässt auch zu wünschen übrig, in meinem Kleiderschrank fand sich nicht einmal eine Jogginghose. Aber egal. Jetzt brechen neue Zeiten an, ich will das hier mitmachen, wieder was für meine Fitness tun, mit dem Skikurs hatte es ja schon so gut angefangen. Doch Skilaufen ist ja nichts gegen das hier. Wir haben den schnellen Teil mittlerweile hinter uns, knien nun auf Matten auf dem Boden. Ich atme auf. Jetzt wird es sicherlich ruhiger. Doch dann geht es ans Eingemachte - hier werden nun Muskeln trainiert, die ich schon lange nicht mehr zu haben glaubte. Bauch, Beine, Rücken, Po... ja, ich spüre sie wieder, an den erstaunlichsten Stellen, schmerzhaft ziehend, muss unterbrechen, hoffentlich merkt das niemand. Setze wieder ein, die Übungsleiterin zählt rückwärts, noch 8 - 7 - 6 - 5 - 4 - 5 - 4 - 5 - 4 (die anderen lachen, ich stöhne) - 3 - 2 - 1 - ab - pfffffhhh! Nach einer Stunde haben wir es geschafft, es folgen noch angenehme Dehnübungen, ich erhebe mich leicht schwankend. Ob ich dabei bleibe? Natürlich! Nachdem ich nun tagelang vor Muskelkater stöhnend herumlaufen werde (man muss doch merken, dass man was getan hat), erscheine ich nächstes Mal strahlend in neuen Hi-Tec-Klamotten, und die Übungen werden mir allein dadurch schon viel leichter fallen. In wenigen Wochen bin ich dann topfit, habe die richtigen Muskeln an den richtigen Stellen und habe auch gleich mein ganzes Leben überarbeitet, von der ausgewogenen Work-Life-Balance über gesunde Ernährung bis zu ausreichendem Schlaf. Ich gehe dann zwei- bis dreimal wöchentlich zum Sport und bekomme Entzugserscheinungen, wenn er mal ausfällt. Für diesen Fall mache ich selbst einen Übungsleiterkurs und habe meine Freude daran, die Damen durch die Halle zu scheuchen. Ich lege neue Afrika-Reisen auf, bei denen der Schwerpunkt auf Sport liegt. Ich laufe als gutes Beispiel den Kilimanjaro-Marathon und hänge dabei meinen Kollegen René Schmidt ab (ach nee, der läuft ja nur Halbmarathons). Ich gründe ein eigenes Fitness-Studio. OK... ist ja schon gut. Ich kaufe mir ein paar vernünftige Turnschuhe und lege meine Matte nächstes Mal in eine der hinteren Reihen, wo ich nicht so auffalle. Und dann sehen wir weiter.

ein Kommentar

Susanne

01.03.2013 um 16:04

Hallo Svenja,

mach dir nichts draus und beobachte mal, wieviele Leute sich nicht im Takt bewegen können und steif wie die Bretter sind... nach ein paarmal wirds tatsächlich leichter! Sport frei!