Durch die Namib - Reisebericht Vom Kap nach Namibia (6/20)
07. Oktober 2012Heute morgen wäre es uns beinahe passiert und wir hätten eine der sieben Todsünden des Safarireisenden begangen - mein Handy hat uns nicht geweckt. Warum, sollte ich erst heute Abend herausfinden.Das Frühstück nehmen wir in der nahegelegenen Lodge ein, und es ist wirklich sehr lecker und reichlich. Dann geht es auf die 600 Kilometer lange Fahrt in Richtung Sossusvlei. Unterwegs machen wir einen Stopp am „Roadhouse“, einem urigen Hotel, dessen Rezeption und der Speisesaal voller Oldtimer und historischer Lastwagen sind. Auf dem Außengelände rosten Karosserien malerisch vor sich hin, eingewachsen und umrankt von Bäumen und Pflanzen. Wir haben die letzte Sitzreihe gewählt, weil man da bequemer sitzen kann, und finden uns als lustiges Quartett mit Sandra und Tanja wieder. Später bekommt die Reihe die Bezeichnung "Hühnerstange".Heute ist Sonntag, wie man uns mitteilt. Wir haben selbst schon jegliches Zeitgefühl verloren. Passend zum Wochentag fahren wir durch einen kleinen Ort namens Bethanie und bekommen von Max den Auftrag, die Kirchen zu zählen. Ich komme auf elf. Das sind für die Größe des Ortes mindestens zehn zu viel, zumal man niemanden auf der Straße sieht. Max erklärt uns, dass hier früher eine Art Missionsstation war, und die meisten Kirchen aus dieser Zeit stammen. 1883 wurde hier der erste Landerwerbsvertrag zwischen Heinrich Vogelsang und Joseph Frederiks II für Adolf Lüderitz abgeschlossen, der den Grundstein für die Kolonialisierung legte. Heute leben hier knapp 9000 Menschen - die meisten jedoch im Umland und kaum jemand hat Lust, den Sonntagvormittag in der Kirche zu verbringen, wenn man auf der Farm zu tun hat.Etwas später kommen wir Helmeringhausen an, wo außer einem Laden und einer Tankstelle noch ein Hotel gibt. Wir brauchen nur eine "Facility" und finden in dem kleinen Dorfladen alles, was wir gerade brauchen - kalte Getränke und ein Eis am Stiel. Auch hier sind die Leute wieder sehr freundlich und die Toiletten sehr sauber.Etwas weiter gibt’s dann Lunch unter einer Kameldornakazie, faszinierende Bäume mit interessanten Früchten. Max warnt uns vor den Dornen, die überall herumliegen. Sie durchbohren glatt die Sohlen von Sandalen. Der Nachmittag schreitet voran, wie kommen unserem heutigen Ziel näher. Unterwegs gibt es immer wieder tolle Panoramen. Nach der vielen Sitzerei beschließen wir, einen kleinen Spaziergang zu machen. Max fährt ein paar hundert Meter vor und wir haben Gelegenheit, in Ruhe Fotos zu machen und uns die Beine zu vertreten. Später halten wir noch an einem riesigen Nest, dass Social Weaver (Webervögel) dort gebaut haben. Die Nester beherbergen mehrere hundert Vögel und können so schwer werden, dass der Ast abbricht. Als Höhepunkt des Tages sehen wir vier Giraffen, die genüsslich an einem Baum herumknabbern und sich nicht stören lassen. Das Gelände ist leider eingezäunt und für eine Nahaufnahme ist der Zoom unserer Kameras nicht stark genug. Trotzdem sind wir alle schwer begeistert, denn bisher waren nur Springböcke und Strauße zu sehen.Unsere Unterkunft heute ist das Desert Camp, ein Tented Camp mit tollen Zeltchalets inmitten der savannenähnlichen Graswüste. Es weht ein starker Wind und wir nutzen unsere Chance, große Wäsche zu machen. Nach einer Stunde ist bereits alles wieder trocken. Trocken ist auch unsere Kehle und wir holen uns Drinks an der Bar. Die günstigen Preise sind echt unglaublich - vor allem Bier und Gin & Tonic. Hier trinke ich auch das erste Mal ein "Rock Shandy" und werde süchtig.Zum Abendessen gibt es Lammsteaks vom Grill mit Butternusskürbis und Kartoffeln, außerdem eine salbungsvolle Rede von Max zum Thema „Communication“, die total überflüssig ist. Was soll's, nach einem weitere G&T ist auch das vergessen, und wir machen uns etwas angesäuselt auf den Weg durch die Dunkelheit zu unserem Zelt. Der Wind hat sich gelegt und es herrscht eine unglaubliche Stille über der Wüste, nur unterbrochen vom einem gelegentlichen Zirpen, dass von Geckos stammt.Nach einigen Versuchen löse ich auch das Rätsel um das Handy: Es hat einen Wochentagsmodus, weckt also nur Montag bis Freitag, wenn man nicht etwas anderes einstellt. Und heute war ja Sonntag!