Der Küchenkauf

von Svenja Penzel

Also auf ins Küchenstudio. Kann ja nicht so schwierig sein. In der ersten dreistündigen Sitzung an einem Samstagnachmittag lassen wir uns von einer netten Dame beraten, holen uns Ideen, übergeben ihr den Grundriss des Raumes, der einmal Küche werden soll, und erbitten ein konkretes Angebot. Vier Tage später rufen wir sie wieder an, weil wir uns entschieden haben, die Küche doch in einen anderen, größeren Raum zu legen. Die nette Dame nimmt es gelassen zur Kenntnis und verspricht ein neues Angebot. Die Verwandtschaft stöhnt, was wollen wir mit einer so großen Küche? Eine gute Woche später hat unsere Küchenfee die Pläne fertig, also wieder ins Küchenstudio. Diesmal dauert es erstaunlicherweise vier Stunden. Wo die Zeit nur immer bleibt? Die gute Dame weiß mittlerweile, wie wir unseren Kaffee mögen. Sie überzieht ihre Samstagsschicht um eine Stunde, zeigt uns eine Variante nach der anderen ganz plastisch am Computer, bis wir uns schließlich für eine entscheiden. Die ganze nächste Woche grübeln wir. Haben wir alles, was wir brauchen? Ist die Anordnung praktisch? Reicht der Stauraum in den Schränken? Gefällt uns das auch noch in 15 Jahren? Ist der Preis auch in Ordnung? Entgegen dem Rat aller Verwandten und Freunde entscheiden wir uns dagegen, weitere Angebote von Konkurrenten unserer netten Dame einzuholen, die sich mit uns doch schon soviel Mühe gemacht hat. Und so gehen wir frohen Mutes in die letzte Runde, um noch ein paar Details zu klären und etwas am Preis zu verhandeln. Wieder ist es Samstagnachmittag. Nun fehlt ja nicht mehr viel, denken wir, diesmal geht es schnell. Doch wie konnten wir so naiv sein, nun geht es doch erst ans Eingemachte. Was für ein Kochfeld soll es werden, was für ein Geschirrspüler, was für ein Backofen, und brauchen wir einen Dampfgarer? Wo soll die Brotmaschine stehen, die gebe es auch versenkbar, welche Form der Dunstabzugshaube gefällt uns besser, welche Lampen sollen über die Arbeitsplatte? Sollen lange oder kurze, geschwungene oder eckige Griffe an die Türen und Schubladen? Wie groß soll die Spüle werden, aus welchem Material, in welcher Farbe, brauchen wir ein zweites Spülbecken? Gegen 17 Uhr diskutieren wir, ob ein Geschirrspüler-Spender gleich mit in die Spüle integriert werden soll (nach hitziger Debatte verworfen). Gegen 17.30 zeigt unsere Küchenfee uns den Auszug „Mülltrennung premium“ (trotz des albernen Namens akzeptiert). Gegen 18 Uhr reden wir nochmals über den Preis. Gegen 18.30 setze ich meine Unterschrift unter den Kaufvertrag. Gegen 19 Uhr schließt uns die nette Dame – genauso zufrieden wie wir – den Haupteingang des mittlerweile dunklen Ladens auf und lässt uns raus. Sie hat heute drei Überstunden gemacht. Dass wir ihre Küche gekauft haben, hat sie verdient. Gegen 19.30 sitzen wir beim Italiener und stoßen auf unseren Küchenkauf an. Dabei überlegen wir, wie wir es fänden, wenn wir solche Safari-Kunden hätten wie uns als Küchenkäufer. Und kommen zu dem Schluss "ziemlich anstrengend". Ein Schlafzimmer brauchen wir übrigens auch noch. Aber das ist eine andere Geschichte.

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