Auf Pirschfahrt - Giraffen

von Susanne Schlesinger

Giraffen sind im ganzen südlichen und östlichen Afrika zu Hause. Wenn man sie aus der Nähe betrachtet, könnte man den Eindruck gewinnen, die Natur wollte einmal ausprobieren, wie weit man die Evolution vorantreiben kann. Mit bis zu sechs Metern sind sie die höchsten Säugetiere der Welt.

Den Namen Giraffe haben die eleganten Tiere erst recht spät bekommen – die Römer nannten sie Cameleopardalis oder Kameleopard, weil man glaubte, das Tier mit der gefleckten Zeichnung sei eine Kreuzung aus Kamel und Leopard. Später erkannten arabische Reisende, dass es sich um eine eigenständige Tiergattung handelt, und nannten sie „Zaráfa“- die Liebliche. Aus diesem Wort ist dann Giraffe entstanden.[
 

Es gibt mehrere Unterarten, die fast alle nach dem Gebiet benannt sind, in dem sie leben. So gibt es unter anderem Nubische Giraffen im Sudan, Massai-Giraffen in Kenia und Kapgiraffen im nordöstlichen Teil von Südafrika. Die selten vorkommenden Rothschildgiraffen wurden nach dem Baron von Rothschild benannt. Im Wesentlichen unterscheiden sich die Arten durch die Fellzeichnung. Die Flecken, die übrigens Rosetten genannt werden, sind bei jedem Tier unterschiedlich, fast wie ein Fingerabdruck. Das Farbspektrum reicht dabei von sehr hellem Beige bis zu Dunkelbraun – es wird vermutet, dass sich die Fellfarbe der jeweiligen Umgebung angepasst hat. Das Fell wird auch mit dem Alter immer dunkler.

Anatomisch gibt es jedoch wenig Unterschiede zwischen den einzelnen Arten. Lediglich die Ausprägung der Hörner unterscheidet sich - die Rothschildgiraffen haben fünf, davon eins mitten auf der Stirn. Andere Arten haben nur zwei, manche vier. Die Hörner bei Bullen sind größer, jedoch oft blankgescheuert, während die Giraffendamen zierliche Puschel auf den Hörnern haben.

Auch beim Körperbau kann die Giraffe mit Rekorden aufwarten. Sie verfügt über das größte Herz landlebender Säugetiere. Es schlägt 170 Mal pro Minute. Darüber hinaus hat die Giraffe auch den höchsten Blutdruck aller Tiere, wie sonst sollte das Blut durch den Hals bis zum Kopf gelangen? Um ein Absacken des Blutes in die Beine zu vermeiden, ist die Haut hier wie ein unelastischer Kompressionsstrumpf angelegt. Mit zunehmendem Alter verdickt sich die Haut an den Beinen, um den Druck aufrecht zu erhalten.

Der hohe Blutdruck ist jedoch beim Trinken ein Problem, wenn die Giraffe den Kopf nach unten beugen muss. Um keinen Schlaganfall zu erleiden, hat die Natur im Kopf elastische Blutgefäße vorgesehen, die das einströmende Blut auffangen können. Lange kann die Giraffe den Kopf jedoch nicht unten halten.

Giraffen haben wie alle Säugetiere auch sieben Halswirbel, die jedoch stark gestreckt sind. Im Laufe der Evolution wurde der Hals immer länger, um an die raren Futterquellen in den Wipfeln der Bäume zu gelangen, die für andere Pflanzenfresser unerreichbar sind. Hierfür ist auch die Zunge der Giraffen konzipiert, die bis zu 50 Zentimeter lang werden kann. Sie ist sehr gelenkig und von einer Hornhaut geschützt, um die zarten Blättchen zwischen Dornen und Astwerk abzuzupfen. Giraffen sind echte Feinschmecker, das saftigste Grün ist gerade gut genug.
 

Aufgrund ihrer Größe hat eine ausgewachsene Giraffe kaum Feinde zu fürchten. Löwenrudel müssen sehr verhungert sein, um sich mit einer Giraffe anzulegen. Ein Tritt mit einem der großen Paarhufe kann tödlich sein. Nur beim Trinken kann es gefährlich werden, denn der lange Hals ist leicht verletzlich. Giraffen sind deshalb überaus nervös und vorsichtig. Sie schauen sich lange um, bevor sie die Vorderbeine weit auseinanderstellen und sich herunterbeugen.

Dann trinken sie nur kurz und gehen sofort wieder in aufrechte Position. Jungtiere sind dagegen öfter Beute für Jäger, da sie kleiner und leichter zu erlegen sind. Giraffenkälber werden nach 14 bis 15 Monaten geboren und beginnen ihr Leben mit einem Sturz aus zwei Metern Höhe. Die kleinen Hörnchen liegen eng am Kopf an, um nicht im Geburtskanal hängen zu bleiben – sie stellen sich erst später aufrecht und verwachsen mit dem Schädelknochen. Kleine Giraffen bleiben circa anderthalb Jahre bei der Mutter und sind mit sechs Jahren voll ausgewachsen. Der Hals wächst in dieser Zeit auf die dreifache Länge.
 

Giraffen leben in losen Verbänden. Muttertiere tun sich zeitweilig zu einer Herde zusammen, um die Jungtiere besser zu verteidigen. Giraffenbullen leben meist allein. Besonders unter jüngeren Bullen kommt es zu Rangkämpfen, bei denen die Tiere nicht gerade zimperlich miteinander umgehen. Die Giraffenbullen schlagen sich gegenseitig mit dem Hals und treten sich oder stoßen sich mit den Hörnern. Deshalb sind diese meist oben abgescheuert. Sie können sich beim Kampf ernsthafte, sogar tödliche Verletzungen zufügen.

Mit ihrem eleganten Passgang sind Giraffen meist eher geruhsam unterwegs, können aber über 50 Kilometer pro Stunde schnell laufen, wenn es erforderlich ist. Dies können sie jedoch nur auf trockenem, festen Untergrund, auf schlammigem Boden fühlen sich Giraffen unsicher, ins Wasser gehen sie nur im Notfall.

Giraffen sind eher leise Tiere. Man hört sie trotz der Größe kaum, denn außer ein fiependes Geräusch zum Rufen der Jungen geben Sie keine Laute von sich. Man hört nur das Rascheln und Kauen beim Fressen. Die Kommunikation untereinander erfolgt im Ultraschallbereich, durch Gesten oder durch Bodenerschütterungen. Flieht eine Giraffe, so nehmen dies die anderen auch in größerem Abstand wahr und fliehen ebenfalls.
 

Giraffen kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit in fast jedem Safariland sehen, die besonderen Arten sind jedoch nur in bestimmten Gebieten heimisch. Rothschildgiraffen gibt es nur in den nördlichen Nationalparks in Kenia, Thornicroft-Giraffen kommen im South Luangwa Nationalpark in Sambia vor. Die besonders schönen, rotbraunen Netzgiraffen gibt es nur in Samburu (Kenia). Sie gehören zu den "Special Five", (Gerenuk-Antilope, Grevy-Zebra, Netzgiraffe, Somali-Strauß und Beisa Oryx-Antilopen).

noch keine Kommentare