Wildnis ohne W-Lan
Phil Jeffery erzählt gerade davon, dass er noch mehr Pläne hat als Touristen durch den Kafue Nationalpark zu führen. Zusammen mit seinem Partner führt er Jeffery & McKeith Safaris. Wir sitzen beim Lunch im Musekese Camp, das nur vier Hauszelte zählt, also maximal acht Gäste beherbergt. Hinzu kommt das Außencamp Mtemwa, etwa drei Fahrstunden weiter nördlich am Rande der Busanga Plains.
Phil stammt aus Sambia, hat in England Naturschutz studiert und dort seinen heutigen Geschäftspartner Tyron McKeith getroffen. Gemeinsam wollen sie in Kafue eine Schule für Safari-Guides aufbauen, dazu ein Naturschutzprojekt. „Das Ziel ist, illegale Aktivitäten hier im Nationalpark auf Null zu reduzieren – Wilderei, Fallenstellen, Buschfeuer...“ Das Projekt soll sich aus Spenden finanzieren. „Wir als Safarifirma übernehmen sämtliche Verwaltungskosten“, verspricht Phil, „so können wir garantieren, dass 100 Prozent der Spenden dort ankommen, wo sie gebraucht werden.“
Mitten in der Unterhaltung fragt ein Gast, ob es im Camp W-Lan gibt. „Nein“, antwortet Phil, „ganz bewusst nicht. Ich glaube, das würde der Atmosphäre hier schaden.“ Ja, vielleicht aber wenigstens innerhalb der Chalets, wo andere Gäste nicht gestört werden. Es gebe ja schließlich Menschen, die beruflich in Verbindung bleiben müssen und deshalb das Musekese Camp womöglich nicht buchen, argumentiert der Gast. „Schauen Sie da“, zeigt Phil auf eine Gruppe von mehr als zwanzig Elefanten, darunter viele Jungtiere, die an die Lagune vor dem Camp zur Tränke gekommen sind. „Sie können den ganzen Nachmittag in Ihrem Chalet sitzen und diesen Anblick genießen. Ich möchte nicht, dass jemand das verpasst, weil er an seinen Laptop gefesselt ist.“ Er habe erlebt, wie sich die Stimmung von Menschen verändere, wenn sie realisieren, dass sie für eine gewisse Zeit nicht online sind - und zwar zum Positiven, fügt Phil hinzu. „Deshalb werden wir an unserer Politik nichts ändern. Und wenn uns das ein, zwei Buchungen im Jahr kosten sollte, dann halten wir das aus.“
Mir gefällt diese Entschiedenheit, genauso wie es mir das ganze Camp angetan hat. Die Mischung aus rustikalem Ambiente und etwas Komfort trifft genau meinen Geschmack. Naturbelassene, sandige Pfade führen zu den Chalets, die alle einen optimalen Blick auf die Lagune haben. Die gesamte Vorderfront des Zimmers besteht aus einem Gazefenster, das die meisten Insekten draußen, aber den Blick auf die Pukus, die gerade vor meiner Veranda grasen, offen lässt. Es gibt ausreichend Platz, einen soliden Holzfußboden und ein bequemes Bett. Am Waschtisch im Bad – ebenfalls mit Blick auf die Antilopen – gibt es fließendes Wasser. Über der Dusche hängt ein Zinkeimer. Vor dem Duschen bestelle ich das Wasser, ein paar Minuten später füllen fleißige Hände den Eimer, dann kann die Erfrischung beginnen.
Wir starten heute mit James auf Pirschfahrt. Mit ihm haben sich Phil und Tyron zum ersten Mal einen dritten Guide zur Unterstützung ins Camp geholt. Mit seinem eigenen Enthusiasmus für alles, was wächst, kreucht und fleucht, erfüllt er den Anspruch der beiden Gründer. Ich erlebe das mit Abstand beste Guiding auf dieser fast zweiwöchigen Sambia-Reise. Und Sambia wird von Safari-Kennern für seine guten Guides in den kleinen, hochklassigen Camps geschätzt. Über den Standard, die Tiere zu zeigen, ihre Namen zu nennen und markante Verhaltensweisen zu erklären, geht James weit hinaus. Er erklärt Zusammenhänge. Zum Beispiel die Folgen eines Buschbrandes auf die Bodenerosion, die Zusammensetzung der später an dieser Stelle wachsenden Pflanzen- und schließlich der Tierarten. James weiß selbst für die lästigen Tsetse-Fliegen eine nützliche Rolle im Ökosystem zu beschreiben. Er erzählt von verschiedenen Theorien der Wissenschaftler über das Kühlsystem der Pukus, die noch in der heißesten Mittagssonne ausharren, während andere Antilopen sich in den Schatten verziehen. „Häufig sind das aber nur Hypothesen. Wir können die Tiere ja nicht interviewen.“
Da hören wir in nicht allzu großer Entfernung ein unverwechselbares Brüllen. James wendet das Auto, und nach kurzer Zeit haben wir sie gefunden. Zwei Löwen bei der Paarung. Sie liegen im hohen Gras und sind nur zu sehen, wenn sie sich am Ende eines Liebesaktes fauchend erheben. James holt ein Formular heraus und macht Notizen für das Zambia Carnivore Program. „Wir helfen den Forschern, indem wir jede Sichtung für sie dokumentieren“, erklärt James und fährt fort: „wo wir die Tiere antreffen, wie viele, welches Männchen sich mit den Weibchen paart und so weiter. Dieser hier ist eigentlich der kleinere von zwei Brüdern, aber der aggressivere.“
Zeit, dass wir uns einen Platz für den Sundowner suchen. Etwa 100 Meter von den beiden Löwen ist offenbar ein ausreichender Sicherheitsabstand, um auszusteigen und die Getränke auszupacken. Wir schauen der roten Sonne beim Untergehen zu, davor reißt ein einzelner Elefant am Ufer eines kleinen Weihers Grasbüschel aus dem schlammigen Boden. Die Löwen sind hinter uns, etwa alle 15 Minuten machen sie sich lautstark bemerkbar.
Als wir ins Camp zurückkehren, ist es längst dunkel. Petroleumlampen erleuchten den Weg. Andere Lodges bauen hölzerne Stege, damit die Gäste bequemer gehen und sich die Füße nicht schmutzig machen. Aber Musekese ist ein klassisches Bushcamp. Hier ist alles so naturbelassen wie möglich. Auf dem Pfad zu meinem Zelt muss ich Acht geben, um nicht über Baumwurzeln zu stolpern. Im feinen, dunkelgrauen Sand sind die Füße schon wenige Schritte nach der Dusche wieder schmutzig, wenn man nur Sandalen trägt. Die fünf Gäste des Camps treffen sich am Lagerfeuer. Bald wird das Abendessen serviert. Es gibt ein perfekt gebratenes Rinderfilet mit hausgemachtem Basilikum-Pesto, dazu einen guten südafrikanischen Wein. Staubige Füße und feines Essen - besser kann ein Safari-Tag nicht zu Ende gehen.
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