Löwen zum Sundowner

von Marco Penzel

Nkonzi Camp, South Luangwa, 12. Oktober 2017

Die Sonne steht schon tief. Wir beenden unsere Pirschwanderung am Luwi-Fluss im South Luangwa Nationalpark und kehren zu unserem Land Rover zurück. Gavin, unser Guide, quert das sandige Flussbett und will uns einen schönen Platz für den Sundowner suchen. Schließlich wollen wir der guten Tradition folgen und zum Sonnenuntergang auf die erfolgreiche Safari anstoßen. Er fährt noch etwas flussaufwärts und hält endlich an. Der bewaffnete Nationalpark-Ranger, der uns begleitet, steigt ein paar Schritte hinunter in das Flussbett. Bis auf einen kleinen Tümpel ist es ausgetrocknet. Plötzlich gibt uns der Ranger ein Zeichen und winkt uns heran. Wir klettern hinterher nach unten. Dann zeigt er flussaufwärts. Vielleicht 40 oder 50 Meter von uns entfernt liegt eine Löwin im Sand. Wie wir es zuvor für solche Situationen erklärt bekommen haben, stellen wir uns in einer Reihe hinter Guide und Ranger auf. Erst jetzt schiebt er die Patronen ins Magazin seines Gewehrs.

Die Löwin lässt sich von uns nicht stören. Es scheint, sie will einfach abwarten, bis wir verschwinden und sie zur Wasserstelle gehen kann. Doch da taucht ein weiterer Löwe auf. Diesmal ein Männchen. Wir sehen seine Silhouette im schwindenden Abendlicht. Er steht einige Meter oberhalb unseres Autos am Rand einer Böschung. Offensichtlich will er herunterkommen. Wir stehen gerade zwischen ihm und der Tränke. Ruhig bleiben, hatte Gavin uns eingeschärft. Das schaffen wir tatsächlich. Wir gehen vorsichtig zur Seite und klettern schnell in den offenen Land Rover.

Unsere Drinks nehmen wir heute im Sitzen ein, dazu wird frisch gebackenes Popcorn serviert. Fasziniert schauen wir zu, wie sich weitere Löwen an der Wasserstelle sammeln. Bis hin zum Paarungsritual wird alles geboten. Nur das Licht ist weg. Die Fotoqualität fällt entsprechend dürftig aus. Das Erlebnis selbst war so spannend, dass ich mich nicht weiter über die Bilder ärgere. Zumal wir auf dem Heimweg auch noch einem Leoparden begegnen. Und es gibt noch einen weiteren Grund zur Erleichterung: Es regnet nicht. Das ist von besonderer Bedeutung, da das Camp, in dem wir heute übernachten, kein Dach hat. Abgesehen von den vier kleinen Hauszelten, in die gerade einmal ein Bett aber kaum ein Esstisch hineinpasst, spielt sich das Leben in Nkonzi unter freiem Himmel ab.

Gavin Opie, ein passionierter Safari-Guide, der das Camp seit zwei Jahren betreibt, will für die kommende Saison in ein großes Schattendach investieren. Das wird auch dann helfen, wenn wie in diesem Jahr die Regenzeit ihre Vorboten schon im Oktober schickt, wenn die Safari-Saison in Sambia noch voll im Gange ist. Am Nachmittag hatten sich große Regenwolken zusammengebraut. Gavin richtete mehrfach einen besorgten Blick nach oben, auch wenn er sich die Sorge nicht anmerken lassen wollte. Zum Sundowner haben Blitze den dunkelgrauen Himmel erleuchtet. Irgendwo in South Luangwa hat es auch geregnet, aber nicht im Nkonzi Camp. Als wir gegen 20 Uhr wieder dort ankommen, ist alles trocken. Der Tisch ist unten im Flussbett gedeckt und wird von Kerzen und kleinen Solarlampen erleuchtet. Hier ist es der Mushilashi River, der sich in die Landschaft eingegraben und ein sandiges Bett hinterlassen hat. Es gibt mehrere solcher Flüsse, die in den Bergen westlich des Nationalparks entspringen und ostwärts zum Luangwa fließen. Während der große Fluss nie ganz austrocknet, sieht selten ein Mensch Wasser in den Zuflüssen. Luwi und Mushilashi fließen nur wenige Wochen lang innerhalb der Regenzeit, und dann ist diese Gegend wegen des schlammigen Bodens für Autos nicht erreichbar.

Das Camp wird Anfang November abgebaut und im Mai neu errichtet. Der Gastgeber zählt uns eine Reihe von Details auf, die er in der kommenden Saison verbessern will. Sie reichen von einem Ständer für Kleiderbügel in den Zelten bis hin zu fließendem Wasser im Bad. Bisher gibt es auf dem Waschtisch nur eine Zinkschüssel und einen Krug. Ganz wie bei den alten Safari-Pionieren. Allerdings hat das von einer Wand aus Holz und Stroh umgebene Badezimmer, das sich direkt an jedes Zelt anschließt, eine Spültoilette und auch eine Dusche. Man muss nur das Personal bitten, den Eimer mit Wasser zu füllen und in die Höhe zu ziehen - schon kann die Erfrischung beginnen.

Ich bin zuversichtlich, dass Gavin in seinem Camp zwar Details verbessert, aber den schlichten, ursprünglichen Charakter bewahrt. Nkonzi ist im Moment die preiswerteste Möglichkeit, mehrere Tage in einem abgeschiedenen Teil des South Luangwa Nationalparks zu verbringen und dabei die professionell geführten Safaris zu Fuß und mit dem Allradwagen zu erleben, für die Sambia bekannt ist. Mobilfunk-Empfang gibt es im Camp nicht, W-LAN schon gar nicht. Am Lagerfeuer sprechen wir darüber, dass manche Gäste das vielleicht vermissen, andere aber genau deshalb hier her kommen, weil sie die Ruhe suchen. Wir überlegen, welchen technischen Aufwand es erfordern würde, hier drahtloses Internet zu installieren. Satellitentechnik, Funktechnik und so weiter könnten schnell einen fünfstelligen Dollar-Betrag kosten, rechnet Gavin zusammen. „Aber selbst wenn es für 20 Dollar im Monat zu haben wäre, es kommt gar nicht infrage.“

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