Starke Affen: Besuch bei den Gorillas von Bwindi

von Marco Penzel

Ruhija, 8. Mai 2015
Gestern Abend gab es einen kräftigen Gewitterregen. Anschließend zogen die Nebelschwaden durch den steilen Hang hinauf zum Gorilla Mist Camp, wo wir übernachteten. Das englische Wort Mist bedeutet ja Nebel, so machte die rustikale Lodge ihrem Namen alle Ehre. Heute Morgen ist das Wetter besser, wir können über die bewaldete Hügellandschaft des Bwindi Nationalparks schauen. Für kurze Zeit ist dahinter auch einer der Virunga-Vulkane zwischen den Wolken zu erkennen.

Die Fahrt vom Gorilla Mist Camp zum Ranger-Posten von Ruhija ist nicht weit. Wir hätten auch laufen können. Da man manchmal vor dem Start der Wanderung noch eine gewisse Strecke fährt - je nachdem, wo die Gorillas vermutet werden - nehmen wir lieber das Auto mit. Tatsächlich fahren wir dann noch ein paar Kilometer auf einer Waldstraße, bevor wir aussteigen und einen steilen Hang hinabsteigen.

Zwei andere Ranger, die Spurensucher, sind schon zwei Stunden vor uns aufgebrochen. Sie wissen, wo sich die Tiere am Vortag aufhielten und suchen zunächst den letzten Übernachtungsplatz. Unser Guide Benjamin steht mit den beiden Spurensuchern in Funkkontakt.„Wir folgen erst einmal einem Pfad der Waldelefanten“, erklärt Benjamin. Ich kann nicht glauben, dass in so steilem, dicht bewachsenem Gelände Elefanten leben können - bis ich Elefantendung sehe. Die Waldelefanten unterscheiden sich von ihren Verwandten in der Savanne, sind kleiner und haben auch etwas anders geformte Füße. Trotzdem finde ich es erstaunlich, dass sie sich hier bewegen können.

Allerdings gibt es nicht mehr viele von ihnen. Benjamin sagt, man vermute noch 120 Tiere in Bwindi. Dass es weniger Elefanten im Wald gibt, wirkt sich auch auf den Lebensraum der Gorillas aus. Früher, als es noch mehr Waldelefanten gab, fraßen diese auch mehr Lichtungen in den dichten Bergregenwald. Diese Lichtungen sind für die Gorillas wichtig, um ihr Fell in der Sonne trocknen zu lassen. Weil es kaum noch Lichtungen im Wald gibt, halten sich heute immer mehr Gorilla-Familien am Rande des Waldes auf und überschreiten immer wieder die Grenze des Nationalparks. Wenn das bei einer der hier gelegenen Lodges passiert, führt das manchmal zu spektakulären Werbe-Bildern nach dem Motto „die Gorillas sind in unserem Garten zu Besuch“. Tatsächlich kann der unkontrollierte Kontakt zu den Menschen für die Tiere aber lebensgefährlich sein.

Etwa eine Stunde laufen oder besser steigen wir an dem steilen Abhang entlang, klettern über umgefallene Bäume und legen ab und zu eine Verschnaufpause ein. Benjamin geht voran und schlägt mit seiner Machete den Weg durch das mannshohe Gestrüpp für uns frei. Ihm folgt ein Ranger, der ein Gewehr trägt. Das ist eine Sicherheitsmaßnahme, so sagt man uns, falls wir einer nicht an Menschen gewöhnten Gorillagruppe oder einem unfreundlichen Waldelefanten begegnen. „Die werden nur dann gefährlich, wenn sie Junge dabei haben oder verletzt sind“, erklärt Benjamin.

All das passiert nicht. Stattdessen tauchen nach etwa einer Stunde im dichten Regenwald zwei weitere Ranger auf. Es sind diejenigen, die sich zwei Stunden vor uns auf die Suche nach den Menschenaffen gemacht haben.„Macht Eure Kameras fertig, die Gorillas sind gleich nebenan!“, sagt Benjamin und gibt uns ein letztes Sicherheitsbriefing. Da sehen wir schon die ersten beiden jungen Gorillas, zwei schwarze Fellknäule, die durch die Krone eines Baumes turnen. Rucksäcke und Wanderstöcke lassen wir bei den Trägern zurück. Wir folgen den Rangern auf eine kleine Lichtung am steilen Hang. Etwa zehn Meter oberhalb von uns sitzt ein künftiger Silberrücken beim Fressen und wirft uns manchmal einen Blick zu. Dann streckt er seinen muskulösen Unterarm aus und kratzt sich unter den Achseln. Als er langsam aufsteht, kann man sehen, dass er auf dem Rücken schon graue - oder besser silberne - Haare bekommt. Er ist einer der potentiellen Nachfolger für den Chefposten in der Gruppe, den momentan ein noch größerer Silberrücken einnimmt.

Dann sagt uns der Ranger, wir sollen jetzt einfach ganz ruhig stehen bleiben, „die finden schon ihren Weg an uns vorbei“. Aus dem Gestrüpp taucht eine Mutter auf, die ihr Junges auf dem Rücken trägt. Sie läuft zum Greifen nah an uns vorbei. Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Begeisterung stehen wir ganz still da. Die sieben Meter Mindestabstand, auf die man uns vor dem Tracking hingewiesen hat, sind so gar nicht einzuhalten. Bald gehen wir weiter, treffen auf eine Mutter mit Kind im Schatten des Unterholzes und wahren jetzt natürlich den Sicherheitsabstand. Die meisten anderen Mitglieder der Gorillagruppe sind in den Bäumen über uns unterwegs. Unter ihnen auch der Silberrücken, der in einer Baumkrone nach Früchten sucht. Ich frage mich, wie die Äste dort oben einen 200-Kilo-Koloss tragen können. Sie biegen sich manchmal heftig, aber sie halten.

Die Zeit, die wir in der Nähe der Gorillas verbringen können, ist auf eine Stunde begrenzt. Ich befolge sogar den guten Rat, nicht die gesamte Zeit mit dem Auge am Sucher der Kamera zu hängen. Irgendwann legen wir die Fotoapparate zur Seite und verfolgen die Szenerie einfach mit Augen und Ohren. Der tägliche Besuch ist wichtig, damit die Gorillas an die Anwesenheit der Menschen gewöhnt bleiben.

Genauso wichtig ist die Zeitbegrenzung. Während nämlich die Touristen in der Nähe sind, fressen die Tiere weniger als sonst. Sie brauchen danach ausreichend Ruhe, um ungestört ihrem normalen Alltagsleben nachgehen zu können. Es ist die Kyaguriro Gruppe, der wir hier begegnet sind. Sie war bisher für Verhaltensforscher reserviert, neuerdings dürfen auch Touristen zur Gorillafamilie Kyaguriro.350 US-Dollar hat das Gorilla-Tracking gekostet - ein Sonderangebot, das die Uganda Wildlife Authority manchmal in den Nebensaison-Monaten April, Mai und November auflegt. Der Normalpreis beträgt in Uganda 600 Dollar, im Nachbarland Ruanda 750 Dollar. Mit dem Geld soll die Arbeit der Ranger finanziert werden.

Ob es immer sinnvoll und vollständig für den geplanten Zweck eingesetzt wird, bleibt offen. Aber auf jeden Fall geben die Einnahmen aus dem Gorilla-Tourismus den letzten Tieren ihrer Art und ihrem Lebensraum Bergregenwald einen wirtschaftlichen Wert hier im Dreiländereck von Uganda, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo. Die letzten etwa 900 Berggorillas sind bereits auf zwei nicht mehr verbundene, geschützte Waldinseln verteilt.

 

Ob die isolierten Bestände von jeweils etwa 450 Tieren auf Dauer überleben können, bleibt fraglich. Es ist anzunehmen, dass die letzten Reste Bergregenwald ohne den Gorilla-Tourismus schon heute verschwunden wären. Die Gegend rund um den Bwindi Nationalpark ist dicht besiedelt. Die Menschen nutzen jeden Quadratmeter Boden, um Nahrungsmittel anzubauen. Auch von dort, wo wir auf die Gorillas stießen, ist die Grenze zwischen Wald und Feldern in Sichtweite. In der Ferne heult eine Motorsäge. Hoffentlich tut sie ihre Arbeit außerhalb des Schutzgebietes.

Das Gorilla Mist Camp und das Gorilla-Tracking in Ruhija gehören zur Reise Uganda - Perlen der Natur.


Lust auf eine solche Safari? Ich berate Sie gern.
Marco Penzel, Geschäftsführer Outback Africa Erlebnisreisen, Telefon: 037437 538811
marco@outback-africa.de

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