Nkhotakota Wildreservat, Tongole Wilderness Lodge

von Svenja Penzel

Wir erreichen die Tongole Wilderness Lodge im Dunkeln. Es ist meine erste Station in Malawi, und wir sind direkt vom Flughafen Lilongwe hierher gefahren, wo ich um 14.30 Uhr gelandet bin. Für unsere Gäste würde ich immer eine Ankunftsnacht in Lilongwe buchen, aber auf meinen Erkundungstouren ist die Zeit knapp. Auf guten Straßen gelangt man in drei Stunden bis zum Ort Nkhotakota, dann ist es eine weitere Stunde auf Erdpisten bis zur Lodge, die mitten im Wildreservat liegt.

Tiere sehen wir auf der Anfahrt in der Dunkelheit fast keine, abgesehen von Buschhasen und einem Buschbock. Und Bäume, an denen die Elefanten sich genüsslich getan haben. Die Dickhäuter fühlen sich hier in der Umgebung des Bua River wohl, man hört sie auch später in der Nacht rumoren. Wie kühl es jetzt am Abend in Malawi wird, hätte ich gar nicht gedacht. Ich schlüpfe erst in die eine und dann auch noch in die zweite Fleecejacke. Juni/Juli ist die kühlste Zeit in Malawi.

Tongole Wilderness Lodge

Auch die gut gemachte Website der Tongole Wilderness Lodge konnte mich nicht auf das vorbereiten, was ich antraf. Das übertraf nämlich alle Erwartungen. Schon das kunstvoll gezimmerte, stimmungsvoll beleuchtete Hauptgebäude mit dem großen Aussichtsdeck zum Fluss hin und dem hoch oben gelegenen zweiten Speisedeck begeistert mich. Doch schier umgehauen hat mich mein Zimmer. Nur vier Zimmer gibt es in Tongole, und sie sind riesig. Massiv gebaute Mauern nach hinten, große offene Fenster mit schmiedeeisernen Gittern nach vorn zum Fluss hin, das Ganze von einem ausladenden Reetdach überspannt und mit großer privater Aussichtsterrasse mit Sitzgruppe. Das breite Doppelbett ist von einem kreisrunden Moskitonetz umgeben. Bis zum Bad auf der anderen Seite des Zimmers hat man weit zu laufen. Dazwischen ist die Toilette in einer rund gemauerten Nische. Schön ist die sehr große Badewanne am Fenster zum Fluss hin. Meine Begleiter, die mir die Tasche hierher trugen, hatten nicht übertrieben, als sie die Dusche als "the best shower in Malawi" beschrieben. So schön habe ich schon lange nicht mehr geduscht.

Ich werde zum vereinbarten Zeitpunkt zum Hauptgebäude eskortiert. Hier triff man sich zunächst für einen Drink am Feuer. Später ziehen wir dann in luftige Höhen um. Leah, eine sympathische junge Frau, die hier gemeinsam mit dem Manager Bentry die Gäste betreut, setzt sich zu mir. Im Kerzenschein genießen wir ein unglaublich gutes 4-Gänge-Menü, das mir wegen des dicken, herrlich zarten Rindersteaks in bester Erinnerung bleibt.Nach einem weiteren Drink am Feuer werde ich zurück auf mein Zimmer gebracht. Dort ist bereits das große runde Moskitonetz um mein Bett herum geschlossen, und die Vorhänge vor den Fenstern sind zugezogen.

Nun schnell ins Bett, zur Sicherheit noch eine der warmen Decken aus dem Regal hinter dem Bett gezogen und obendrauf gelegt. Es dauert nicht lange, und ich bin fest eingeschlafen.Als ich aufwache, ist es draußen schon hell, aber die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Ich trete im Schlafanzug auf meine Terrasse und sehe zum ersten Mal das Panorama, das sich von hier aus bietet. Im breiten Tal unter mir fließt still der Bua River, umgeben von sattgrüner Vegetation, darüber ein von kleinen Wolken getupfter Himmel.

Kanutour auf dem Bua

Der Bua führt das ganze Jahr hindurch Wasser, wird von Juli bis Oktober aber relativ schmal.Nach dem Frühstück steige ich mit dem Guide Shai und dem Park Ranger Andrew hinab zum Flussufer. Unten liegen zwei Kanus. Ich bekomme eine Schwimmweste angelegt und ein Paddel in die Hand und nehme vorn Platz, hinter mir sitzt Shai. Andrew steigt in das andere Boot. Dann geht es los, flussaufwärts in der Morgensonne. Das Wasser glitzert, die Vögel singen, Affen turnen am Ufer, Hammerkops und Eisvögel steigen auf, wenn wir uns nähern. Was für ein herrliches Fleckchen Erde, und wir sind hier die Einzigen!

Immer wieder hält Shai das Boot an, steuert zum Ufer, erklärt mir Tiere und Pflanzen. Schließlich erreichen wir Stromschnellen, hier geht es nicht mehr weiter. Wir ziehen die Boote ans Ufer und steigen für eine Weile aus. Andrew findet die Spuren eines Krokodils, das hier einen Fisch verspeist hat, und er erzählt mir die Geschichte eines berühmt-berüchtigten Wilderers, der bei einem Kampf mit einem Krokodil einen Arm verlor. Dann geht es stromabwärts zurück zur Lodge. Viel zu schnell ist diese wunderbare Kanutour zu Ende.

Weitere Aktivitäten, die Tongole neben Pirschfahrten anbietet, sind Wanderungen, u.a. auf einen am jenseitigen Flussufer gelegenen Aussichtsberg, Vogelbeobachtungen und Ausflüge zu Stellen, von denen aus man den Sonnenuntergang besonders gut sehen kann.Tongole wurde erst im Oktober 2011 eröffnet. Sie gehört vier Privatleuten, einer von ihnen ist der Manager Bentry.

Warum baut jemand eine kleine Luxuslodge in einen kaum bekannten Park, der noch dazu aufgrund der Wilderei in den vergangenen Jahren nur einen geringen Tierbestand hat? Leah hat mir beim Abendessen erzählt, dass die Geschichte von Tongole auch eine traurige ist. Bentry, der in London lebte, verlor seinen Sohn bei einem Autounfall. Mit dieser Lodge wollte er seinem Sohn in der Heimat ein Denkmal setzen und seinem Leben einen neuen Sinn geben.Tongole ist keine klassische Safari-Lodge. Wer hier spannende Pirschfahrten erwartet, wird eher enttäuscht.

Dennoch ist Tongole ein Kleinod und einen mehrtägigen Besuch auf jeden Fall wert. Die Lodge liegt herrlich einsam (es gibt nicht einmal Handy-Empfang), und die Gegend am Fluss strahlt Ruhe und Frieden aus. Auf Kanutouren und Wanderungen mit kompetenten Führern kann man die umgebende herrliche Natur sehr gut erkunden. Dazwischen kann man entspannte Stunden auf einem der Aussichtsdecks verbringen, ein Buch lesen, die Seele baumeln lassen oder ein Nickerchen in einer Hängematte machen. Küche und Service sind exzellent, das soziale und ökologische Engagement der Betreiber vorbildlich. Wer mag, kann sich die Projekte, die Tongole im Nachbardorf betreibt, selbst anschauen.

Ich wünsche Tongole und seinen Betreibern für die Zukunft alles Gute und noch viele zufriedene Gäste!

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