Auf Jagd mit den Hadzabe am Lake Eyasi, Reisebericht Tansania

von Marco Penzel


Lake Eyasi. 1. Dezember 2011

Es ist noch dunkel, als mich der Kellner von Kisima Ngeda am Lake Eyasi um 5 Uhr morgens weckt und ein Tablett mit Kaffee, Plätzchen und zwei Bananen auf der Veranda meines großen Hauszeltes abstellt. Eine halbe Stunde später fahren wir los, unterwegs laden wir den örtlichen Guide Qwarda ein. Er zeigt dem Fahrer den Weg, der bald von der holprigen Piste abbiegt und querfeldein durch den Busch führt. Die Sonne geht gerade auf, als wir auf einige aus Agavenblättern und Ästen gebaute Rundhütten stoßen. Sie sind nicht höher als 1,60 Meter. Zunächst ist niemand zu sehen. Qwarda steigt aus, schließlich erscheinen die ersten Männer der Hadzabe. Es sind Buschleute, die letzten Jäger und Sammler in Tansania. Schnell wird eine Handvoll Männer zusammengerufen. Qwarda wechselt ein paar Worte mit ihnen. Ich darf mich um Dorf umsehen. Inzwischen sind auch die Frauen und Kinder aus den Hütten gekommen. Es gibt eine kurze Begrüßung. Qwarda muss mir immer wieder die Hadzabe-Worte für „hallo“ und „danke“ ins Ohr flüstern, weil ich sie so schnell wieder vergesse.

Fünf Jäger bereiten ihre Waffen vor. Pfeile erhalten im Feuer den letzten Schliff, werden mit den Zähnen begradigt und am hinteren Ende mit Federn versehen. Alles geht zügig und ohne große Diskussion. Plötzlich springen die Männer auf und verschwinden schnellen Schrittes im Busch. „Hinterher“, bedeutet mir Qwarda. Es ist gar nicht so einfach, den flinken jungen Männern zu folgen. Manchmal geht es durch dorniges Gestrüpp. Wir überqueren mehrere ausgetrocknete Flüsse. Die Jäger zielen auf alles, was sich bewegt. Nur Schlangen und Hyänen sind tabu, erklärt mir Qwarda. Endlich hat einer einen Vogel erlegt, stolz streckt er ihn - noch am Pfeil aufgespießt - meiner Kamera entgegen. Dann wird das leblose Federvieh unter den Gürtel geklemmt. Weiter geht es. Für Objektivwechsel oder einen Schluck aus der Wasserflasche bleibt nur wenig Zeit. Nach etwa zwei Stunden müssen wir umkehren. Auf dem Rückweg zeigen die Jäger plötzlich ins Geäst eines Baumes und bedeuten uns, wir sollten einen Bogen um diesen Baum machen. Der Grund ist eine Schlange, die sich oben in den Zweigen ausruht. Es soll eine Grüne Mamba sein, die erste Schlange, die ich während meines elftägigen Aufenthaltes in Tansania zu Gesicht bekomme.

Die Ausbeute der Jagd sind insgesamt drei Vögel, darunter eine Taube und ein Baumhörnchen, das noch kleiner ist als ein deutsches Eichhörnchen. Weil die Beute zu klein sei, um sie mit der ganzen Familie zu teilen, wird sie noch vor der Rückkehr ins Dorf verspeist. Mit einem Stock, der zwischen den Handflächen gedreht wird, und etwas trockenem Gras machen die Männer ein Feuer, in dem die Tiere gebraten werden. Die Fleischausbeute ist minimal, aber es scheint ihnen zu schmecken. Sie bieten mir auch ein Stück Vogelfleisch an. Ich habe aber nicht den Mut zu probieren.Zurückgekehrt ins Dorf zeigen die Männer noch, dass auch Wurzeln und Beeren zu ihrer Nahrung gehören. Für das Sammeln der Beeren sind die Frauen zuständig. Die Männer haben während der Jagd nur von den Beerensträuchern genascht, von der Hand in den Mund sozusagen. Es gibt einen Übungsplatz für den Umgang mit Pfeil und Bogen, in dem ich mich auch einmal versuchen soll. Die meisten meiner Pfeile landen vor dem Ziel im Sand, ein einziger bleibt tatsächlich in dem kleinen Baumstamm stecken, den man treffen sollte. Nach fast vier Stunden heißt es Abschied nehmen von den Hadzabe.

Der Besuch von Touristen bei ihnen wird von einer lokalen Behörde organisiert. Die Buschleute leben nicht ohne Kontakt zur Außenwelt, aber offensichtlich noch weitgehend nach ihren uralten Traditionen. Sie jagen in einer Gegend, in der auch andere Volksgruppen leben, etwa die Elak und die Datoga, halbnomadische Rinderhirten ähnlich wie die bekannteren Massai. Von den Gebühren, die die lokale Behörde von den Touristen kassiert, sollen diese Volksgruppen unterstützt werden. So sind in den Gebühren auch 20 US-Dollar enthalten, die dem Gegenwert einer Ziege auf dem Markt entsprechen. Diese erhalten die Hadzabe gewissermaßen als Ausgleich für jeden Jagdausflug mit Besuchern. Die Chancen, ein größeres Tier zu erlegen, schwinden nämlich erheblich, wenn ungeübte Touristen dabei stören. Sie sind zu langsam, zu laut und zu unvorsichtig.

Am Vorabend hatten wir zusammen mit Qwarda bereits einen traditionellen Schmied und einen Kral der Datoga besucht. Bei keiner der drei Gelegenheiten gab es am Ende einen Souvenirverkauf oder andere Zeichen der Kommerzialisierung, wie sie bei den extra für Touristen errichteten Massai-Dörfern üblich sind, die man direkt an den Hauptrouten der Safari-Urlauber findet. Dafür sind die Gebühren, die die lokale Behörde im Vorfeld für den Besuch der kleinen Volksgruppen am Lake Eyasi verlangt, recht happig. Ich hoffe, dass möglichst viel von dem Geld tatsächlich bei den Menschen ankommt.

Zur Übernachtung am Lake Eyasi bieten sich zwei Tented Camps an: Kisima Ngeda und Tindiga. Mehr über die beiden Unterkünfte lesen Sie hier im Reisebericht.

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